Paul K. Goetsch
(1934-2018)

Das Englische Seminar Freiburg trauert um sein langjähriges renommiertes Mitglied, Prof. Dr. Paul K. Goetsch, der am 7. April 2018 nach längerer Krankheit verstorben ist.

Der 1934 in Marburg geborene Paul Goetsch war einer der führenden Anglisten der Nachkriegsgeneration. Seine Dissertation war zugleich die erste kanadistische Promotionsarbeit (1960, über Hugh MacLennan), und schon als 32-jähriger habilitierte er sich (bei Horst Oppel). Nach vier Jahren als Professor in Köln konnte ihn die Albert Ludwigs Universität 1971 für das damals im Ausbau befindliche Englische Seminar gewinnen, an dem er bis zu seiner Emeritierung 2002 unermüdlich wirkte. Zusammen mit seinem schon 2001 verstorbenen Freund und Kollegen Willi Erzgräber begründete Paul Goetsch den hervorragenden Ruf des Englischen Seminars der Universität Freiburg in der deutschen Anglistik.

Paul Goetsch publizierte in vielen Forschungsgebieten seminale Texte — zum Roman: Die Romankonzeption in England, 1880-1910 (1967); Dickens,  Hardys Wessex-Romane; zum Drama: Bauformen des modernen englischen und amerikanischen Dramas, zur Kurzgeschichte: Studien und Materialien zur Short Story (1971), zu erzähltheoretischen Fragestellungen: Lesen und Schreiben im 17. und 18. Jahrhundert (1994). Bis zuletzt aktiv, publizierte Goetsch seit seiner Emeritierung noch mehrere Bücher, so Machtphantasien in englischsprachigen Faust-Dichtungen: Funktionsgeschichtliche Studien (2008); Motifs and Themes in modern British and American Poetry (2013); Monsters in English Literature (2002). Zusammen mit den vielen von ihm herausgegebenen Bänden veröffentlichte Paul Goetsch 28 Bücher und etwa 200 wissenschaftliche Artikel. Er war zudem zentral an zwei großen geisteswissenschaftlichen Sonderforschungsbereichen der Universität Freiburg beteiligt und zwar als Sprecher und Vizesprecher der SFB 321 und 541 („Mündlichkeit und Schriftlichkeit“ sowie „Identitäten und Alteritäten“).

Paul Goetsch war ein außerordentlich beliebter Lehrer; seine Vorlesungen hatten Kultstatus in einer Zeit, in der es weder ECTS-Punkte noch sonst einen Vorteil aus dem Besuch einer Vorlesung gab außer eben dem, sie gehört und aus dem enormen Wissensschatz eines begeisternden Dozenten etwas mitgenommen zu haben. Generationen von Freiburger Lehramts- und Magisterstudierenden wurden von Herrn Goetsch betreut und ebenso eingehend wie fair geprüft. Auch seine Nachwuchsförderung war legendär: Mindestens neun Habilitierte und mehr als sechzig Promovierte begründeten eine eigene ‚Schule‘, deren Absolventinnen und Absolventen in der ganzen Welt verteilt sind und mit dafür gesorgt haben, dass Paul Goetsch einer der relativ wenigen Anglisten seiner Generation wurde, die auch im englischsprachigen Ausland ein hohes Ansehen genossen.

Das Englische Seminar hat in ihm einen international anerkannten Forscher, inspirierenden Lehrer und hoch geachteten Kollegen verloren.

(Wolfgang Hochbruck)